Warum sollten sich Unternehmerinnen und Unternehmer („Unternehmende“) und Führungskräfte mit Unternehmenskultur beschäftigen? Und warum sollten sie sich dann auch noch in einem Netzwerk – dem Freiburger Netzwerk Unternehmenskultur – darüber austauschen? Gibt es ein knackiges „Verkaufsargument“ für Unternehmenskultur? Dieser Frage möchte ich mich zunächst über verschiedene Begriffsklärungen nähern:
Kultur – Unternehmen – Unternehmenskultur
Was ist Kultur? Googelt man den Begriff „Kultur“, so ist Kultur die „Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als Ausdruck menschlicher Höherentwicklung“.
Was ist ein Unternehmen? Hier gibt Wikipedia Auskunft: Ein Unternehmen ist „eine wirtschaftlich selbstständige Organisationseinheit, die mit Hilfe von Planungs- und Entscheidungsinstrumenten Markt- und Kapitalrisiken eingeht und sich zur Verfolgung des Unternehmenszweckes und der Unternehmensziele eines oder mehrerer Betriebe bedient.“
Somit ist „Unternehmenskultur“ also die Gesamtheit der geistigen, gegebenenfalls künstlerischen, in jedem Fall gestalterischen Leistung als Ausdruck der Höherentwicklung der Menschen, die im und am Unternehmen im Angesicht von Marktrisiken die Unternehmenszwecke und -ziele verfolgen.
Unternehmenskultur als Basis für Unternehmenserfolg
Warum ist es für Unternehmende und Führungskräfte also lohnend, sich mit Unternehmenskultur zu beschäftigen? Weil die Unternehmenskultur grundlegenden Einfluss darauf hat, wie die Menschen im Unternehmen dessen Zweck und Ziele und somit den Unternehmenserfolg verfolgen! Es gehört zu den Kernkompetenzen von Unternehmenden und Führungskräften, sich mit dem Erfolg ihres Unternehmens zu beschäftigen. Also fällt auch die Beschäftigung mit Unternehmenskultur in deren Kompetenzbereich. Und wie wir gesehen haben, ist die bestimmende und gestaltende Komponente von Kultur der Mensch.
Was macht nun ein Unternehmen erfolgreich? Als Unternehmenserfolg betrachte ich das Ergebnis aller marktgerichteten Bemühungen. Sicht- und messbare Kenngrößen dieses Erfolgs sind Gewinne, geringe Abweichungen vom geplanten Ergebnis oder Börsenwerte. Qualitativ bemisst sich der Erfolg eines Unternehmens durch die Betrachtung der Stakeholder, die ein Interesse am konkreten Unternehmen haben. Es sind dies
- die Anteilseigner bzw. Unternehmenseigentümer, die Kapitalrisiken eingehen und sich über hohe Unternehmenswerte und Gewinne freuen.
- die Kunden, für die der Unternehmenszweck erbracht wird und die überzeugt werden wollen, ihren Beitrag zum Unternehmenserfolg zu leisten.
- die Mitarbeitenden, die zur Erreichung der Unternehmensziele beitragen und nicht nur mit dem Blick auf finanziellen Unternehmenserfolg vielfältiges Interesse am Fortbestand des Unternehmens (vulgo: Arbeitsplatz) haben.
- die Gesellschaft, in der sich das Unternehmen bewegt, und deren Kultur, Werte und Erwartungen an das Unternehmen über die zuvor genannten Stakeholder Einfluss auf die Bewertung des Unternehmenserfolgs nimmt.
Diese Stakeholder haben, je nach Unternehmen, mehr oder weniger ausgeprägte, jedenfalls vorhandene Bedeutung für den Unternehmenserfolg. Bei der Betrachtung dieser Stakeholder begegnet uns wieder der Mensch.
Wirtschaft findet von Menschen für Menschen statt
Es sind also offensichtlich die kulturschaffenden Menschen als Mitglieder unserer Gesellschaft, die den Erfolg eines Unternehmens mittel- und unmittelbar beeinflussen und prägen. Diese Menschen entwickeln, gestalten und entscheiden in unterschiedlichen, wechselnden Rollen den Erfolg eines Unternehmens (und definieren auch als Gesellschaft, was Unternehmenserfolg überhaupt ist). Menschen, die den Erfolg eines Unternehmens in unterschiedlichen, wechselnden Rollen entwickeln und gestalten.
Man kann also sagen: Unternehmen und Wirtschaft sind und werden von Menschen für Menschen gemacht!
Mit diesen Menschen wird ein Unternehmen als wirtschaftlich selbstständige Einheit, aber künstliches Konstrukt ein lebender Organismus inmitten zahlreicher weiterer lebender Organismen. Nicht erst durch die Globalisierung der Wirtschaft weist dieses Netzwerk zahlreicher Organismen eine hohe Komplexität auf. Menschen und Unternehmen agieren auf vielfältige Weise miteinander und pflegen unzählige Beziehungen zueinander. Menschen nehmen in unterschiedlichen Lebensbereichen unterschiedliche Rollen wahr (z. B. als Anteilseigner, Kunde, Mitarbeitender, Privatmensch), Unternehmen bewegen sich auf unterschiedlichen Märkten, z. B. ihrem Absatzmarkt, ihrem Rohstoffmarkt, ihrem Arbeitsmarkt. Für Menschen als Unternehmensmitglieder differenziert sich die Rollenvielfalt dadurch noch mehr. Sie wechseln ständig zwischen ihren Rollen als Mitarbeitende, Führungskraft, Experte, Sachbearbeiter, Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Auftraggeber, Auftragnehmer, Kunde oder Dienstleister. Hinzu kommen die zahlreichen Rollen im Privatleben, als Elternteil, Freund*in, Ehe- und Lebenspartner*in, Kind und Gesellschaftsmitglied.
Ständiger Rollenwechsel als Kennzeichen von Dynamik
Über diesen ständigen Rollenwechsel deutet sich nun an, dass die heutige Komplexität des Wirtschaftslebens nicht statisch, sondern höchst dynamisch ist. Schon eine statische, momentbezogene Dokumentation aller denkbaren Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten in einem Unternehmen ergäbe ein umfangreiches Werk mit vielen Seiten. Erhöbe man den zusätzlichen Anspruch an dieses Werk, stets auf dem aktuellen Stand zu sein, zeigt sich auch hier schnell die Dynamik des Wirtschaftslebens als bedeutende Dimension von Komplexität.
Steigende Dynamik und Komplexität prägen unser Berufs- und Wirtschaftsleben in großem Maße. Sie finden in aktuellen Buzzwords wie Digitalisierung und Digitale Transformation, exponentieller technischer Fortschritt, VUCA-Welt, Wissensgesellschaft u. v. a. m. ihren Ausdruck. Damit verbunden sind die passenden Lösungsansätze, mit diesen anerkannten Herausforderungen umzugehen. Agilität, New Work, Cloud Computing und Collaboration sind nur einige Schlagworte, hinter denen sich ganze Werkzeugkisten von Tools verbergen, mit denen Unternehmen der wachsenden Dynamik und Komplexität Herr werden sollen und können.
Besinnen wir uns nun zurück auf die Feststellung, dass die Wirtschaft (mit all ihrer Dynamik und Wachstumsgetriebenheit) von Menschen für Menschen gemacht ist. Dann liegt es auf der Hand, dass die laufenden und bevorstehenden Veränderungen unseres Wirtschaftslebens genau von diesen Menschen gestaltet werden müssen. Im (exemplarischen) Zusammenhang mit der fortschreitenden Digitalisierung ist dabei jedoch zu berücksichtigen: Der Mensch ist und bleibt ein analoges Wesen. Seine Denkstrukturen sind linear angelegt und stoßen mit den exponentiell steigenden Entwicklungsmöglichkeiten sehr schnell an ihre Grenzen. Um Veränderungen nachhaltig annehmen zu können, muss der Mensch mit der Veränderungsgeschwindigkeit nicht nur schritthalten, sondern auf deren Gestaltung Einfluss nehmen können.
Unternehmenskultur ist das Betriebssystem
Da langfristiger Unternehmenserfolg im Interesse aller Stakeholder eines Unternehmens liegt, muss auch die Unternehmenskultur als Voraussetzung für diesen Erfolg in jeden Veränderungsprozess einbezogen werden. Um es anders, in Analogie zur Digitalisierung auszudrücken, kann man sagen:
- die oben genannten Werkzeugkisten mit Ihren Tools sind die Softwarepakete und Apps, deren reibungsloses Zusammenarbeiten wir heute als selbstverständlich voraussetzen.
- Cloudcomputing ist das digitale Pendant zu vernetzter Zusammenarbeite und Wissenstransfer
- Unternehmenskultur ist das Betriebssystem, das die Basis und die Plattform für dieses reibungslose Zusammenspiel bildet.
Aus dem letztgenannten Grund lohnt es sich für Unternehmende und Führungskräfte, sich mit Unternehmenskultur zu beschäftigen und die Basis für langfristigen und nachhaltigen Unternehmenserfolg zu pflegen, zu entwickeln und zu gestalten.